Colombo und Tangalle, 28.07. – 02.08.2017

Es sind die kleinen Dinge,
an denen man erkennt, wie dieses Land bleibt und sich wandelt:

  • Das Autohaus mit den Lamborghini ist immer noch da – doch nun haben wir auch einen auf den Schlagloch-übersäten Straßen gesehen und gehört
  • Mitten im Verkehrschaos auf einer Verkehrsinsel lässt ein ca. 12jähriger Bub seinen Drachen steigen
  • Der neue, 2015 noch kontrovers diskutierte und von Chinesen zu bauende Stadtteil auf aufgeschüttetem Land wächst in die Höhe – ein erster Wolkenkratzer ragt schon über 100m auf
  • ein zufälliger Spaziergang führt durch einen Slam, voller netter und höflicher Menschen
  • Taxis (Threewheeler/Tuktuks) rufen wir über eine App und
  • einige Fahrer verweigern das Mitnehmen von mehr als drei Passagieren: „Police, Police!“ – das ist wahrhaft eine neue Erfahrung!
  • Nach wie vor scheint es unmöglich zu sein Badezimmer zu bauen, in denen nicht irgendwo Wasser austritt.
  • Der Ministerpräsident in seinen gepanzerten Limousinen (alle deutscher Bauart) rast mit seiner waffenstarrenden, äußerst aggressiven und konzentrierten Leibwache durch die Rushour – unser defektes und im Schritttempo eierndes Tuktuk gerät zweimal ins Visier der Scharfschützen: Ein halbes Dutzend Sturmgewehre sind genau auf unsere Gesichter gerichtet – die Finger am Abzug der Sturmgewehre lassen keine Zweifel an ihrer Ernsthaftigkeit aufkommen…
    Während der Reise werden wir dem MP noch zweimal begegnen. Zum Glück in weniger furchteinflössenden Situationen.

Dieses Jahr führt uns die Reise zunächst nach Colombo, wo wir gleich nach der Ankunft am Freitag Nachmittag doch noch unsere Visa-Verlängerung bekommen (nur dank Kontakten unseres Freundes Upali aus Anuradhapura).

Nach dem 35stündigen Reise- und Behördenmarathon „brauchen wir nix mehr“ – die Kinder schlafen nach feinem rice and curry und french fries fast 14 Stunden am Stück…

Damit ist die To-Do-Liste leider nicht abgearbeitet, denn Montag muss noch der Sri Lankische Führerschein für Wolfgang her. Das Wochenende über schauen wir das Nationale Museum an, wo das ausgestellt ist, was die Portugiesen, Holländer und die gründlichen Briten nicht mitgenommen haben. Und besuchen einen befreundeten Edelsteinhändler – Nicoles kreativer Kopf arbeitet mal wieder…

Unsere airbnb-Gastgeber sind völlig perplex, dass WIR so freundlich mit IHNEN sind – ab Samstagabend, als wir sie „zwingen“ sich mit uns an den Tisch zu setzen und gemeinsam zu essen (was sehr unüblich ist) tauen sie auf. Seinen Geburtstag besingen wir auf Deutsch: Angesichts von Wolfgangs Gesangskünsten  verwundert die ungeheure Begeisterung der jungen Eheleute.

Obschon wir das von ihr perfekt geputzte und gewienerte Haus binnen zweier Tage im Chaos versinken lassen (wer unsere Ordnung kennt versteht was ich meine) freuen sich die beiden aufrichtig, dass wir ungeplant länger im fürchterlich quirligen und lärmigen Colombo bleiben müssen: Anouk hat Fieber, Durchfall und will nicht reisen. [inzwischen ist alles wieder gut]

Dafür hat Wolfgang dank Erfahrungen mit Behörden, Fotokopien und aktivem Anstehen das Driving Permit in nur anderthalb Stunden fertig. Hier die Nummern der Schalter in der Reihenfolge ihres Besuchs: Building H, Information Desk, 1, 17, 31, 14, 16, 31, 15, 31.
[mehr dazu hier: SL 2015 – Tage in Colombo]

Der Behördengang hat leider Auswirkungen auf die Gesundheit: Drinnen Tiefkühltruhe, draußen Dampfgarer – das hält Wolfgangs Nase nicht aus. Trotz Sturzfluten aus selbiger geht es Dienstag endlich weg aus der Stadt: Mit unserem Lieblingsfortbewegungsmittel, dem Zug. Erst im Zug entscheiden uns anschließend mit Tuktuk, Bus und wieder Threewheeler nach Tangalle zu reisen und schlagen spät abends in unserem Lieblingshotel direkt am Strand auf: Das Procedere ist wie üblich: Netter Smalltalk, Mondpreise aufgerufen, die werden langsam zu Normalpreisen, Wiedererkennen, Gespräche, Kompromisse, Nicole verhandelt nach, eine Einigung: ein Drittel des ursprünglichen Preises und Kinderrabatt beim Essen – und damit die richtigen Preise.

Die ungewöhnlich heftigen Regenfälle seit März haben auch hier ihre Spuren hinterlassen: Alles ist noch grüner als je zuvor (kaum zu glauben!), die Schlaglöcher der ungeteerten Straßen sind noch tiefer und stehen voller Wasser. Eine Straßenbrücke, besser ein Damm, der den Lagunenauslauf versperrte ist restlos weggeschwemmt, Teile des Strandes fehlen und viele der Strandresorts haben heftige Schäden an ihren Cabanas, seit das Wasser 8 feet (ca. 2,6 m) über Normalpegel stieg. Manche Sri Lanker büßen das illegale oder unerwünschte Bauen: insbesondere in Talsenken, an Fluss(ab)läufen etc. hat es Gebäude vernichtet. Zudem greifen die Behörden durch und haben illegeale Resorts geschlossen und zig Gebäude abreissen lassen.

Auch der Tourismus-Hype seit Ende de Bürgerkriegs 2009 zeigt erste Opfer: Hier und da machen Hotels und Resorts schon wieder zu – es bleiben Bauruinen. Managementfehler, zu wenig Liquidität und schlechtes Personal seien die Gründe, so wird uns berichtet.

Das Meer an der Südküste ist zu rau zum Schwimmen. Egal: Der Pool unseres Lieblingsresorts ist vergrößert, Muscheln gibt’s auch und die Einsiedlerkrebse krabbeln „so schön in meine Bauchnabel“.

Wir sind – so sagt es diesmal Anouk – „nach Hause gekommen“.

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