Angewandte Kunst

Das älteste Gewerbe der Welt ist …?

Welches das älteste Gewerbe der Welt ist kann nun wieder diskutiert werden:

Das horizontale mag vielleicht schon fast ewig bestehen, die Existenz des töpfernden Gewerbes ist jetzt für 20.000 Jahre bewiesen! Nach neuen Funden (2009, publiziert 2012), die mit modernsten Datierungsmethoden analysiert wurden, lässt sich in China eine Töpferei-Kultur nachweisen, die etwa vor etwa 19.200-20.900 Jahren / 18.000 vor Christus von nomadischen lebenden Jägern und Sammlern ausgeübt wurde. Die in der Xianrendong (Xiang-Höhle) gefundenen Bruchstücke weisen noch eine bemerkenswerte Besonderheit auf: Natur-Ton muss fast immer abgemagert werden, damit er beim (wochenlangen) Trocknen und anschließendem Brennen im offenen Feuer nicht reißt und platzt. Die Nomaden damals benutzten Quarzit und Feldspat – die gleichen Stoffe, die heute noch verwendet werden.

Es gibt noch eine ganze Reihe neuer Erkenntnisse über die Töpferei und ihre extreme Wichtigkeit:
– gegartes Essen ist bekömmlicher, hygienischer und nahrhafter als rohes oder geröstetes
– der Speiseplan wird breiter und
– Speisen können aufbewahrt bzw. (kurzfristig) konserviert werden.
– Wasser wird transportabel und aufbewahrbar.
Das macht die Jäger und Sammler überlebensfähiger und bietet ein weiteres Bindeglied zur Sesshaftigkeit – weil es gelungen war Lebensmittel zu konservieren, konnte man sich trotz weiter wandernder Tiere an einem Ort längerfristig aufhalten. Und wahrscheinlich war gerade die Töpferei als äußerst wichtiges Gewerbe ein wichtiger Grund zur Sesshaftigkeit: Denn früher wie heute bedarf die Töpferei der Ruhe und Geduld – und eines geschützten Ortes, an dem der rohe Ton aufbereitet, die Gefäße aufgebaut (die Töpferscheibe ist erst 5 – 7.000 Jahre jung) und an dem je nach Witterung alle Werkstücke zig Wochen trocknen können. Eine erfolgreiche Produktion bedarf umfangreicher Erfahrung, Kenntnisse der Rohstoffe und der Brennverfahren. An jedem Ort ist es anders – ein Grund mehr an einem guten Produktionsort sesshaft zu werden.
Erste Untersuchungen der Anhaftungen in Keramiktöpfen gehen von ersten festen Ansiedlungen in der Nähe von Gewässern (mit Fischen) aus.

Allerdings sind die neu analysierten Funde 10.000 Jahre vor der bislang bekannten Sesshaftigkeit produziert worden! Nämlich während des Letzten Glazialen Maximum (LGM / Höhepunkt der letzten Eiszeit).

Forscher versuchen nun anhand der Anhaftungen weitere Rückschlüsse über Ernährungsgewohnheiten unserer nicht-sesshaften Vorfahren zu gewinnen.

Die moderne chemische Analyse der Keramik lässt bessere Datierungen und Zuordnungen zu, denn z.B. über die Stoffe der Abmagerung lassen die regionale Traditionen identifizieren und vielleicht auch Wanderungsbewegungen. Die unmittelbar benachbarte Yuchanyan-Höhle diente wohl der Unterkunft des Volkes, das weiteren Forschungen zufolge wohl sogar wilden Reis kultivierte.

Also: Die Töpferei ist zumindest das zweitälteste Gewerbe der Welt!

(Inspiriert durch einen Artikel in der FAS (Frankfurt Allgemeine Sonntagszeitung) vom 1. Juli 2012 und eine Publikation in Science 29 June 2012: 1644-1645 sowie folgenden Forschungspublikationen)

Wolfgang Stromberg

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